Vorstellungsrunde
Als er die Klasse mit den neuen Auszubildenden betrat, wusste er, dass es ein mieser Tag werden würde. Siebenundzwanzig angehende Bürokaufleute, hauptsächlich Mädchen mit langen Haaren und kurzen Röcken, waren in ihre Smartphones vertieft. Vom Lehrer nahm niemand Notiz. Aber das würde sich gleich ändern, das wusste er aus Erfahrung. Sobald er seinen Namen auf die Tafel schreiben würde. Dieser dämliche Doppelname, der ihm schon sein halbes Leben Ärger bereitete. Der Plan, früh zu heiraten und einen anderen Namen anzunehmen, war bisher nicht aufgegangen. Seufzend begann er zu schreiben und wartete auf das obligatorische Lachen. Sein Name war Reiner Schwarzer-Kater.
Schokolade und Lavendel
Kommissar Breitner saß in Tessas Küche und schaute ihr zu, wie sie die dickbraune Flüssigkeit in einen Becher füllte. Mit ihrer Kittelschürze erinnerte sie ihn an seine Mutter. Kakaoduft schwebte in Wolken durch die Küche und stimmte Breitner milde.
Dieser Fall machte ihn langsam kaputt. Vier Menschen waren verschwunden, allesamt Männer in seinem Alter, also Mitte fünfzig. Sie alle waren verheiratet, hatten einen Job und kamen aus dem gleichen Stadtteil. Das war aber auch schon alles an Gemeinsamkeiten. So ein Mist. Die Presse saß ihm im Nacken, genau wie der Polizeipräsident. Also blieb ihm und seinen Kollegen nichts weiter übrig, als die Nachbarschaft abzuklappern.
Frau Meckel war eine der wenigen Personen, die ihn freundlich hereinbaten. Hier gab es sogar selbstgebackene Kekse und einen Kakao, dessen Duft Breitner in seine Kindheit zurück katapultierte.
„Frau Meckel, der Kakao ist wunderbar. Aber wonach duftet er noch? Was ist ihr Geheimnis?“
Tessa lachte perlend. „Mein Geheimnis? Nun, vielleicht ist es der Lavendel. Eine seltene Sorte, die ich von einem Bauern aus der Provence geschenkt bekommen habe. Vor zwei Jahren.“
Vor zwei Jahren. Da war der erste Mann verschwunden. Sowas passierte ständig in letzter Zeit: Irgendjemand sagte etwas und sofort bevölkerten Ermittlungsgedanken Breitners Kopf und hielten ihn von der Arbeit ab. Einfach lästig.
„Lavendel?“ Er hielt seine Nase dichter in die Tasse. „Echt?“
„Und ich verwende Schokolade, keinen Kakao. Gute Schokolade.“
„Egal was es ist, es ist köstlich.“ Breitner nahm einen weiteren Schluck und spürte nach, wie die wohlig warme Flüssigkeit langsam in ihm hinabrann.
„Wenn Sie noch einen Moment Zeit haben, zeige ich Ihnen gern meinen Lavendel.“ Tessa wies zur Küchentür, von wo aus es direkt in den herrlichen Garten ging.
„Liebend gerne.“ Der Kommissar erhob sich schwerfällig. Am liebsten wäre er einfach bis zum Feierabend in dieser Küche sitzengeblieben.
Ganz am Ende des Gartens stand ein halbrundes Gewächshaus, rundherum eingefasst von üppigen Lavendelpflanzen, deren kräftiger Lilaton und betörender Duft ihn schwindlig werden ließ.
„Und in dem Gewächshaus ist auch Lavendel?“
Eifrig nickte Tessa, erfreut, dass er es ansprach. „Genau. Da ziehe ich die Pflanzen vor. In besonders guter Erde. Kommen Sie, ich zeige sie Ihnen.“
Bereitwillig folgte ihr der Kommissar. Er würde seiner Frau von diesem prachtvollen Lavendelgarten erzählen müssen!
Vorfreude leuchtete noch auf seinen Wangen, während sein Blick auf die dreizinkige Harke fiel, die auf seinen Schädel herabsauste.
Vorstellungsrunde
Als er die Klasse mit den neuen Auszubildenden betrat, wusste er, dass es ein mieser Tag werden würde. Siebenundzwanzig angehende Bürokaufleute, hauptsächlich Mädchen mit langen Haaren und kurzen Röcken, waren in ihre Smartphones vertieft. Vom Lehrer nahm niemand Notiz. Aber das würde sich gleich ändern, das wusste er aus Erfahrung. Sobald er seinen Namen auf die Tafel schreiben würde. Dieser dämliche Doppelname, der ihm schon sein halbes Leben Ärger bereitete. Der Plan, früh zu heiraten und einen anderen Namen anzunehmen, war bisher nicht aufgegangen. Seufzend begann er zu schreiben und wartete auf das obligatorische Lachen. Sein Name war Reiner Schwarzer-Kater.
1000 Schritte
Ich fragte mich, woher diese komische Idee auf einmal gekommen war. Jahrelang sind wir immer schön ans Meer gefahren, haben abwechselnd die Liegestühle am Hotelpool und die sonnenbeschirmten Plätze am Strand mit unseren Handtüchern reserviert und nach dem reichhaltigen Frühstück belagert, bis uns der Hunger wieder ins Hotel gelockt hat.
Und jetzt? Caro wollte wandern! So richtig mit den Füßen in klobigen Schuhen, einer kargen Mahlzeit im Rucksack und bei Wind und Wetter über die Berge kraxeln. Und nächstes Jahr vielleicht auf den Jakobsweg! Den ganzen! Ich habe ihr vorgeschlagen, sie in Santiago de Compostela zu empfangen, aber das fand sie doof.
„Komm schon, nur tausend Schritte“, hat sie heute Morgen zu mir gesagt wie eine Mutter zu ihrem Kind. Oder ein Frauchen zu ihrem Hund.
Na gut, tausend Schritte, und du wirst sehen, dass es keinen Spaß macht. Und nächstes Jahr machen wir wieder Urlaub am Meer!
Soweit mein innerer Monolog.
Bei 318 Schritten verzählte ich mich zum ersten Mal. Das satte Grün des Buchenmischwaldes hatte mich irritiert. Bei 659 Schritten hörte ich auf zu zählen. Obwohl ich ganz schön schnaufte, kroch diese würzige, frische Luft in alle meine Poren. Ich fühlte mich so frei! Mein Körper wanderte mit mir auffallend fröhlich immer weiter. Nach gefühlten 10.000 Schritten fragte mich Caro, ob wir eine Pause machen wollten.
Was soll ich sagen: die Brotzeit war das Beste, was ich seit langem gegessen hatte. Jakobsweg, ich komme!
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